Zahlreiche Interessierte folgten am Samstag, den 22. November, der Einladung des Haupt- und Landgestüts Marbach zur ganztägigen Fortbildungsveranstaltung „Forschung für die Praxis“ im Gestütsgasthof Marbach. Die Resonanz des Fachpublikums, bestehend aus Tierärzten, Betriebsleitern, Lehrkräften der Landesfachklasse für Pferdewirte sowie Vertretern der Partner im Kompetenznetzwerk Pferd Baden-Württemberg, war durchgängig positiv: Gelobt wurden die thematische Breite sowie ...
Zahlreiche Interessierte folgten am Samstag,den 22. November,der Einladung des Haupt- und Landgestüts Marbach zur ganztägigen Fortbildungsveranstaltung „Forschung für die Praxis“ im Gestütsgasthof Marbach. Die Resonanz des Fachpublikums,bestehend aus Tierärzten,Betriebsleitern,Lehrkräften der Landesfachklasse für Pferdewirte sowie Vertretern der Partner im Kompetenznetzwerk Pferd Baden-Württemberg,war durchgängig positiv: Gelobt wurden die thematische Breite sowie die praxisnahen und zugleich tiefgehenden Informationen,die wertvolle Impulse für den betrieblichen Alltag lieferten. Die enge Verzahnung von Forschung,praktischer Umsetzung und Fortbildungsinhalten fand große Zustimmung.
Fütterung der ZukunftNach der Begrüßung durch Dr. Carolin Eiberger,stellvertretende Gestütsleiterin,eröffnete Prof. Dr. Ingrid Vervuert,Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik am Institut für Tierernährung der Universität Leipzig,die Veranstaltung mit einem umfassenden Vortrag zu aktuellen Entwicklungen und Trends in der Pferdefütterung. Sie erläuterte anschaulich,wie der Nährstoffbedarf von Pferden präzise ermittelt wird,und wies darauf hin,dass der arbeitsbedingte Energiebedarf in der Praxis häufig überschätzt wird. Mit Blick auf die Folgen des Klimawandels stellte sie die zunehmend schwankende Qualität und Verfügbarkeit von Raufutter heraus,insbesondere den sinkenden Proteingehalt,und verdeutlichte die Notwendigkeit,Fütterungskonzepte künftig neu zu denken,um Pferde weiterhin hochwertig und bedarfsgerecht versorgen zu können. Ein Schwerpunkt ihres Vortrags lag auf der Rolle der Luzerne als eiweißreiche Raufutteralternative. Professor Vervuert präsentierte Ergebnisse des mehrjährigen Luzerneprojekts im Haupt- und Landgestüt Marbach und widerlegte verbreitete Vorurteile gegen die Fütterung von Luzerneheulage wie Übersäuerung oder Kotwasserbildung auf Grundlage von Forschungsarbeiten am Haupt- und Landgestüt Marbach. Darüber hinaus gab sie fundierte Hinweise zur Elektrolytversorgung,insbesondere bei sportlich belasteten Pferden. Sie empfahl,Pferde schrittweise an die Gabe von Koch- oder Viehsalz ohne Jod und Fluor über das Krippenfutter zu gewöhnen,und betonte,dass Salzlecksteine allein nicht ausreichen. In diesem Zusammenhang hob sie die Bedeutung des Zugangs zu Wasser hervor und verwies auf eine optimale Durchflussgeschwindigkeit der Tränken von etwa acht Litern pro Minute. Abgerundet wurde ihr Vortrag durch Ausführungen zu belastungsbedingten Muskelerkrankungen. Prof. Vervuert verdeutlichte,wie wichtig eine individuell angepasste Fütterungsstrategie ist und betonte,dass Futtermittelmengen und Nährstoffgehalte stets differenziert bewertet werden müssen. Wird ein Futtermittel in großer Menge mit reduziertem Stärkeanteil verabreicht,kann dies letztlich einer geringen Menge eines Futtermittels mit hohem Stärkegehalt entsprechen.Vielfältige Forschungsarbeit im Haupt- und Landgestüt Im Anschluss an das gemeinsame Mittagessen standen die Forschungsaktivitäten des Haupt- und Landgestüts Marbach im Mittelpunkt. M.Sc. Madeline Meyer,wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin,gab einen umfassenden Überblick über die vielfältigen Forschungsansätze,die im Gestüt durchgeführt werden. Sie betonte die Bedeutung wissenschaftlicher Arbeit für eine zukunftsfähige Pferdezucht und Pferdehaltung und hob hervor,dass Wissenschaft und Praxis enger denn je zusammenarbeiten müssen. Die enge Kooperation mit zahlreichen Hochschulen und Universitäten ermöglicht breit gefächerte angewandte Forschung in Bereichen wie Haltung,Zucht,Fütterung,Ökonomie,Marketing und Landwirtschaft,stets praxisorientiert. Jede Form wissenschaftlicher Arbeit,ob Projektarbeit oder Dissertation,leistete einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung des Gestüts und von Pferdebetrieben in ganz Deutschland. Großes Interesse weckte das Forschungsprojekt zu Sozialboxen für Hengste im Rahmen einer Meisterarbeit. Ziel ist die Verbesserung der Haltungsbedingungen durch die Ermöglichung kontrollierter sozialer Interaktionen. Ergebnisse werden im Frühjahr 2026 erwartet.Pferdemist als WissenschaftMadeline Meyer gab zudem einen tiefen Einblick in das Forschungsprojekt „Wertstoff Pferdemist“. Sie zeigte praxisnah auf,welche Chancen und Herausforderung mit einer nachhaltigen Verwertung von Pferdemist verbunden sind,und hob hervor,dass Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zentrale Leitprinzipien des Projekts darstellen. Für die Verwertung stehen verschiedene Optionen zur Verfügung,die jeweils mit Kosten und Zeitaufwand verbunden sind. Welche Methode für einen Betrieb geeignet ist,müsse stets individuell anhand der betrieblichen Gegebenheiten entschieden werden. Sie erläuterte,dass die Ausbringung von Pferdemist auf Grünlandflächen eine fachgerechte Aufbereitung erfordert,um einen hohen Hygienestatus sicherzustellen und das Risiko einer Kontamination der Weiden mit im Mist enthaltenen Pathogenen wie Parasitendauerstadien zu vermeiden. Im Rahmen der untersuchten Kurzkompostierung erwies sich insbesondere das Häckseln des Materials als vorteilhaft und führte unter anderem zu einer deutlichen Reduktion des benötigten Lagervolumens um mehr als 50 Prozent. Für eine wirkungsvolle Hygienisierung seien das regelmäßige Umsetzen der Mistmiete sowie eine gezielte Steuerung der Prozessparameter unerlässlich. Deutlich wurde: Pferdemist ist kein Abfallprodukt,sondern ein wertvoller Wirtschaftsdünger. Zum Abschluss kündigte Meyer ein weiteres Forschungsvorhaben an. In einem mehrjährigen,von der EU geförderten Projekt sollen die Potenziale der Süßlupine als heimische Proteinquelle in der Pferdefütterung untersucht werden. Hierzu ergänzte Carolin Eiberger,dass der Klimawandel eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung sei,zu dessen Abmilderung auch die Pferdebranche ihren Beitrag leisten müsse. Der Einsatz von Lupine in der Pferdefütterung als heimischen Eiweißträger anstelle von z.B. Soja aus Übersee bärge dabei großes Potenzial.Auch nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung nutzten viele Teilnehmende die Gelegenheit für intensiven Austausch,fachliche Diskussionen und zum Netzwerken. Die Veranstaltung „Forschung für die Praxis“ erwies sich als großer Erfolg und soll in den kommenden Jahren in diesem Format fortgeführt werden,so Landoberstallmeisterin Dr. Astrid von Velsen-Zerweck im Anschluss an die Veranstaltung.Foto (Knisel-Eberhard): Madeline Meyer berichtete über angewandte Forschung im Haupt- und Landgestüt MarbachPM Haupt- und Landgestüt Marbach